* Schwarzstorch-Untersuchung nach methodischen Qualitätsstandards gefordert

Horst3 IHOAuf der Suche nach Schwarzstorch-Brutnachweisen wurden durch Aktive der IHO in den letzten Wochen bisher acht große Horste im oder rund um den Markgrafenwald entdeckt und an die zuständigen Naturschutzbehörden gemeldet. Funde kleinerer Horste wurden hierbei gar nicht erst dokumentiert; die angezeigten Großhorste haben rund 120 bis 160 cm Durchmesser. Zusätzliche Nestfunde gab es im Rahmen anderer Horstkontrollen, deren Ergebnisse den IHO-Aktiven leider nicht offiziell vorgelegt wurden. (Unter naturschutzrechtlichen Aspekten sollten Transparenz und Kooperation wechselseitig weitaus besser praktiziert werden; es kann bei der Naturschutzarbeit nicht um persönliche Sympathien gehen, sondern um gesetzliche Notwendigkeiten!) – Auf aktuellem Kenntnisstand sind drei Folgerungen festzuhalten:

1. Naturschutzrechtlich hochrelevanter Lebensraum für geschützte Vogelarten

Das gesamte betreffende Gebiet ist für den Arten- bzw. Vogelschutz hochrelevant. Neben dem Schwarzstorch leben im betreffenden Gelände bspw. Rotmilan, Habicht, Bussard, Kolkrabe, Uhu, Grauspecht, Schwarzspecht u.v.m. (Fledermausschutz wird an anderer Stelle noch eingehender thematisiert.) Von einer Brut dieser naturschutzrechtlich in Bezug auf Windkraftanlagen besonders geschützten Arten ist aus mehreren Gründen auszugehen bzw. vielfach ist diese klar belegbar. Im hessischen Odenwaldkreis schließt sich das „EU-Vogelschutzgebiet 6420-450 Südlicher Odenwald“ an den baden-württembergischen Neckar-Odenwald-Kreis an. Von den projektierten WKA im Markgrafenwald ist es nur noch etwa zwei Kilometer bis zu diesem EU-Vogelschutzgebiet; im Westen und Südwesten schließt sich (am Katzenbuckel) das „FFH Gebiet Odenwald Eberbach“ der europäischen Schutzkulisse Natura 2000 an.

2. Ausschließlich Horstsuche reicht zur gerichtssicheren Verifizierung bzw. Falsifizierung der Bruthinweise nicht aus

Das betreffende Gelände (mit Dreikilometer-Radien um alle projektierten Windkraftanlagen-Standorte) ist sehr groß und zahlreiche Nischen dieses Lebensraums sind als Brut- und Nahrungsrevier für den Schwarzstorch hervorragend geeignet, so dass es für die wenigen einsetzbaren „Horstkontrolleure“ bisher sehr schwer war, einen Brutplatz für den Schwarzstorch mit aller gebührlichen Sicherheit nachzuweisen, selbst wenn die bisher beobachteten Flugbewegungen eine deutliche Sprache sprechen und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Schwarzstorch-Brutraum rund um Markgrafenwald-Augstel-Reisenbachtal-Höllbachtal hinweisen; sogar Balzflüge über dem Augstel wurden bereits im Frühjahr vom NABU Eberbach dokumentiert, die regelmäßig beobachtete Flugrichtung im Höllbachtal ist ein weiterer Beleg. In der Planungsrealität aber wurden bislang nicht einmal alle in Frage kommenden „Suchräume“ abgesucht.

3. Schwarzstorch-Raumnutzungsanalyse erforderlich

Damit die – bezogen auf die in Frage kommende Flächen – immer noch wenigen Horstkontrollen in dem kaum überschaubaren Gelände überhaupt zu einer gerichtssicheren Schwarzstorchbrut-Überprüfung führen können, muss man ergänzend auf effektive methodische Qualitätsstandards zurückgreifen, um den artenschutzrechtlichen Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes zu entsprechen. Das renommierte avifaunistische Gutachter-Büro Ökotop (Dipl.-Biol. U. u. K. Mammen) fordert eine Schwarzstorch-Raumnutzungsanalyse in der Saison 2014, die „von ausgewiesenen Experten durchzuführen (ist). (…) Neben der Auswahl der richtigen Beobachtungspunkte (mind. 3) ist zu beachten, dass (…) an jedem Beobachtungspunkt mindestens 8 bis 10 Stunden an 18 bis 22 Tagen zu untersuchen ist“. Eine Rotmilan-Raumnutzungsanalyse ist artenschutzrechtlich ebenfalls dringend anzuraten (dazu mehr an anderer Stelle).

Fazit und Forderung:

Schwarzstorch-Horstkontrollen konnten bisher im Rahmen der Begutachtungen nicht zu ausreichenden Ergebnissen und Entscheidungsgrundlagen im Sinne des BNatSchG führen. Ab März 2014 muss daher aus artenschutzrechtlichen Notwendigkeiten eine Schwarzstorch-Raumnutzungsanalyse eingeleitet werden. Das Büro Ökotop resümiert zudem: Sollte „an dem Bau der WKA festgehalten werden, so wäre der Antragsteller in der Pflicht nachzuweisen, dass der Bereich der WKA unterdurchschnittlich durch den Schwarzstorch genutzt wird.“

Zudem muss ein besonderes behördliches bzw. naturschutzrechtliches Augenmerk auf inakzeptable Störungen gelegt werden. Dringender Handlungsbedarf besteht beispielweise bzgl. Flugverbot für Ultraleichtflugzeuge über für den Artenschutz relevantem Waldgelände; erfolgen muss eine Fachaufsicht zu teils flächenhaften Buchenbestandsrodungen in sensiblen Waldbereichen, die in punkto Lebensraumzerstörung und Tötung als rechtlich bedenklich eingestuft werden müssen (gem. §44 BNatSchG sowie § 7 Abs. 2 Nr. 13 b aa BNatSchG, hier Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG, z.B. in Bezug auf Fledermausarten in Winterquartieren); die forstwirtschaftlichen Maßnahmen sind insbesondere ab dem Zeitpunkt der Schwarzstorch-Revierbesetzung und des Brutbeginns unter strenger Fachaufsicht und in exakter Abstimmung mit der Auswertung der Raumnutzungsanalyse entsprechend zurückzunehmen, um Störungen bei Revierbesetzung und Brutverhalten des geschützten Großvogels strikt zu vermeiden.

Autor: Michael Hahl M.A., Geograph