* Erteilt der Gemeinderat sein Einvernehmen?

Das Amtsblatt Waldbrunn kündigt für Montag, 25.11., 20 Uhr eine öffentliche Gemeinderat-Sitzung an. Vor den Tagesordnungspunkten findet eine Bürgerfragestunde statt, also ab 20 Uhr. TOP 2: „Windpark Markgrafenwald: Anhörung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 10 BImSchG, Stellungnahme der Gemeinde Waldbrunn und Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB.“

Es geht also um das Einvernehmen von Seiten der Gemeinde zum Bauantrag der Herren v. Baden für zehn 200 m hohe Windkraftanlagen auf Waldbrunner Gemarkung (zwei weitere auf Eberbacher Gemarkung sollen hinzu kommen).

Die IHO kritisiert: Wie und warum soll ein Gemeinderat verantworten, zum jetzigen Zeitpunkt sein Einvernehmen zu einem Bauantrag über Baumaßnahmen dieser Größenordnung zu erteilen? Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Weichen des Zielabweichungsverfahrens (ZAV) beim Regierungspräsidium Karlsruhe noch verschieden gestellt werden können, zu dem die Frist der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB noch am Laufen ist, die Stellungnahmen der Bürger noch nicht eingegangen sind und zu dem nicht einmal die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB begonnen hat! Wodurch soll diese erneute Beschleunigung erforderlich sein?

Bei allem Respekt für die ehrenamtliche Arbeit des Gemeinderats: Es besteht auch dieses Mal wieder keinerlei Anlass, voreilig zu entscheiden. Selbst wenn der Gemeinderat jetzt sein „Ja“ geben sollte, geht es im Landratsamt mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren noch nicht voran, denn dazu muss erst das Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium Karlsruhe abgeschlossen sein (gemäß Aktennotiz unseres RA).

Allerdings würde die Gemeinde mit diesem Einvernehmen unserer Einschätzung nach vollends ihr Instrumentarium aus der Hand geben, sich an weiteren Entscheidungsprozessen noch zu beteiligen. Auch wenn es zu für das kommunale Gemeinwohl immer weiter unverantwortlichen Entwicklungen kommt, etwa dann, wenn ein Großteil der Windkraftanlagen an einen börsenorientierten Energiekonzern abgestoßen werden sollte, könnte die Gemeinde dann nicht mehr gegenlenken. Die Gemeinde – das sind allerdings auch wir: Die Bürger haben den Gemeinderat gewählt, um die Interessen der Waldbrunner Bürgerschaft, gerade auch bei Zielkonflikten, ausgewogen zu vertreten. In diesem Sinne sollte das Mandat verstanden und ausgeübt werden.

Nachbetrachtung 25.11.2013 23:00 Uhr: Auf Vorschlag von Bürgermeister Markus Haas wurde die Beschlussfassung über das gemeindliche Einvernehmen zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren um zwei Wochen, auf die Gemeinderatsitzung am 09. Dezember verschoben.

* Einwendungen gegen „Windpark Markgrafenwald“

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung: Frist für Stellungnahmen bis 4. Dezember

Pressemeldung

Die Initiative Hoher Odenwald e.V. stemmt sich weiter gegen die Planungen eines „Windparks“ im Waldbrunner Markgrafenwald und dem benachbarten Waldgebiet Augstel. Was bisher geschah: Da durch den 2005 aufgestellten „Teilregionalplan Windenergie“ nach wie vor – mindestens noch weit bis ins Jahr 2014 hinein – in Waldbrunn keine Vorrangfläche für die Windkraft genehmigungsfähig wäre, wurde ein Zielabweichungsverfahren eingeleitet, wodurch der alte Regionalplan vorzeitig außer Kraft gesetzt werden kann. Der immer stärker werdende Bürgerprotest, der in persönlichen Anschreiben und einer öffentlichen Vortragsveranstaltung zum behutsamen Abwarten der politischen Entwicklung mahnte, hatte die Mehrheit der Räte nicht davon abbringen können. Derzeit liege es nun, so die IHO, am Regierungspräsidium Karlsruhe, über das Zielabweichungsverfahren zu entscheiden.

Dessen ungeachtet wurde von den Herren von Baden resp. der „Windpark Markgrafenwald GbR“ bereits der Bauantrag für zwölf Windkraftanlagen, jede 200 Meter hoch, eingereicht, das Genehmigungsverfahren läuft. Die IHO ist dabei, fachliche Gutachten zusammenzustellen und ihre Bürgerrechte auch verwaltungsrechtlich einzufordern.

Aktuell ruft die Initiative kritische Bürger dazu auf, Einwände gegen den Windpark Markgrafenwald einzureichen. Denn nun gehe es in Waldbrunn um die Änderung des Flächennutzungsplans: Zehn Sonderbauflächen sollen planungsrechtlich gesichert werden. Dazu erfolgt die so genannte „frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung“, um über Ziele, Zwecke und Auswirkungen zu unterrichten und Dokumente offen zu legen. Bürger aus Waldbrunn, aber auch aus allen anderen Ortschaften, können bis 4. Dezember ihre Einwendungen bei der Gemeindeverwaltung Waldbrunn vorlegen. Hierzu gäbe es drei Möglichkeiten: Entweder man formuliere die Einwände selbst oder man fordere einen Textvorschlag bei der IHO an, schließlich könne man auch mündlich im Rathaus vorsprechen und seine Bedenken dokumentieren lassen.

Die IHO weist ausdrücklich darauf hin, dass bald nach dieser frühzeitigen Offenlegung noch die eigentliche „öffentliche Auslegung“ erfolgen müsse, angekündigt im Amtsblatt der Gemeinde. Diese sei rechtlich hochrelevant. Wer zukünftig seine Bürgerrechte gerichtlich geltend machen wolle, könne dies nur, wenn er bei der zweiten Offenlegung seine Einwendungen erhebe. Daher empfiehlt die Bürgerinitiative dringend, bereits jetzt Kopien der Stellungnahmen anzufertigen, um sie später erneut oder um zusätzliche Einwände erweitert einzureichen. In diesen Einwendungen könne sich jeder das Recht vorbehalten, späterhin einen gesundheitlichen oder finanziellen Schaden geltend zu machen oder bei Rechtsverletzungen gegen die Betreiber zu klagen.

Einwendungen gegen die riesigen Rotoren, die im Markgrafenwald bald schon aufragen könnten, gibt es viele, so der Tenor des Windpark-kritischen Bürgerengagements. Die Anlagen würden den Katzenbuckel um über 100 Meter überragen, wären weithin sichtbar und hörbar, würden Lebensraum zerstören und Artensterben verschlimmern, die naturnahe Landschaft zerschneiden und industrialisieren und die Menschen aller umliegenden Gemeinden samt der Tourismuswirtschaft dauerhaft schwer schädigen. Gesundheitliche Risiken oder auch Waldbrandgefahr durch Windradbrand seien unkalkulierbar. Demgegenüber stehe, wie die IHO erläutert, eine unrentable Nutzung der Windkraft in einem Schwachwindgebiet, das unter 20 % Auslastung verspreche. Durch Parallelbetrieb herkömmlicher Kraftwerke sei nicht einmal CO2-Einsparung gesichert. Ein Absturz der Lebensqualität und Immobilienwerte wird zudem befürchtet und selbst die Pachtgebühren kämen nicht der Gemeinde zugute, nur den Prinzen, die womöglich bei Verkauf an einen Energiekonzern zusätzlich verdienen. Die IHO spreche sich gegen Atomkraft und für die Energiewende aus, doch die subventionsgetriebene Industrialisierung der Windkraft im Odenwald sehe sie als Katastrophe für Mensch und Natur.

Die IHO ist ein gemeinnütziger Verein mit einem jährlichen Mitgliedsbeitrag von 10 Euro. Spenden und neue Mitglieder sind willkommen. Jeden Dienstag trifft sich die Gruppe um 19:30 Uhr im Sockenbacher Hof im Waldbrunner Ortsteil Strümpfelbrunn: http://www.landgasthaus-sockenbacher-hof.de/. Die neue E-Mail-Adresse lautet dann initiative@hoher-odenwald.de. Per Post kann man zudem über das Postfach 1148, 69428 Waldbrunn mit der IHO in Kontakt treten. Telefonische Auskunft erteilen Jürgen Hein 06274-6433 und Manfred Greulich 06274-929193.